Durch den Rückgang der Eisenindustrie und das Daniederliegen des Baugewerbes ist im Rheinland und in Westfalen eine Übererzeugung von Kalk entstanden. Für den Kreis Olpe liegen die Dinge besonders ungünstig, weil die Frachten zu teuer sind. Früher war die Eisenindustrie des benachbarten Siegerlandes Hauptabnehmerin der heimischen Kalkerzeugnisse. Seitdem aber im Siegerlande ein Hochofen nach dem anderen erloschen ist, kam als Absatzgebiet fast nur noch das Ruhrrevier (Schwerindustrie) und das Rheinland (Chemische Fabriken) in Frage. Bemühungen, für diese frachtlich ungünstigen Gebiete bei der Reichsbahn Sondertarife zu erlangen, blieben leider ergebnislos. So erlitten die Kalkwerke dasselbe Schicksal, wie schon vorher die meisten Walzwerke. Sie rentierten sich nicht mehr und wurden reif für den Ankauf durch Konzerne. Der größte Kalkkonzern sind die Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke in Dornap, denen unter anderem die Werke in Letmathe gehören. Auch diese Firma leidet unter Absatzmangel und kann ihre Anlagen in Dornap und Letmathe nicht voll ausnutzen. Es liegt also nahe, daß dieses große kapitalkräftige Unterneh-men die Notlage der kleinen außenliegenden Werke dazu benutzt, um die Konkurrenz aufzukaufen, nicht um der Betriebsanlagen willen, welche wahrscheinlich abgerissen werden, sondern um in Besitz der Quote zu kommen (Quotenhandel) und dann auch, um die Preise regeln zu können. So sind nunmehr in kurzer Zeit zunächst die Heggener Kalkwerke für etwa eine halbe Million Mark und dann die Attendorner Kalkwerke für etwa eine viertel Million Mark in den Besitz der Rheinisch-westfälischen Kalkwerke übergegangen. Mit den Biggetaler Kalkwerken wurde auf der Grundlage verhandelt, daß der Betrieb stillgelegt werden sollte und der Besitzer auf die Dauer von fünf Jahren eine Abfindung von jährlich 12.000 Mk. erhielt. Die Verhandlungen haben sich aber zerschlagen, und stattdessen haben sich die Gre-venbrücker Kalkwerke die Quote der Biggetaler Kalkwerke für jährlich 15.000 Mk. übernommen. Der Betrieb wird auf mindestens fünf Jahre stillgelegt. Es sind das alles Erscheinungen, wie wir sie in der Eisenindustrie bereits seit Jahren erlebt haben. Für die Arbeiterschaft und die gesamte Bevölkerung ist diese Entwicklung um so schmerzlicher, als selbst bei einem späteren Aufblühen der Gesamtwirtschaft die heimischen Kalkwerke kaum wieder in Betrieb genommen werden.