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Bieketurm


Die Wehranlage der Stadt Attendorn verfügte über 4 Tore: Das Wassertor, das Niederste, das Kölner und das Ennester Tor. Daneben gab es 12 Wehrtürme, darunter sechse Rundtürme. Der Biekturm war einer der Rundtürme, der seinen Namen vom plattdeutschen „Bieke“ (Bach) erhalten hat.

Der Bieketurm grenzte, ebenso wie das Ennester Tor, an den ehemaligen Feuerteich, der damals stets mit Wasser gefüllt war. In Friedenszeiten wurden bei Bränden innerhalb der Stadtmauern die Schleusen am Bieketurm geöffnet, um Löschwasser zur Verfügung zu haben. Außerdem leitete man das Wasser des Teiches von Zeit zu Zeit in die Stadt, um Unrat und Abfälle zu entfernen.

In Kriegszeiten füllte man mit dem Wasser die Gräben vor der Stadtmauer, um so ein Bollwerk gegen den Feind zu bilden. Nachdem nach dem großen Stadtbrand von 1783 große Teile der Stadtmauer als „Steinbrüche“ zum Neubau von Gebäuden verwendet wurden, wurde die Wehranlage im Jahre 1812 fast vollständig abgerissen. Neben dem Pulverturm blieb nur noch der Bieketurm erhalten. 

Gefängnis, Jugendheim und Schützenmuseum

Im Mittelalter wurde das Untergeschoss als Gefängniszelle genutzt. Dazu konnte man einen Gefangenen durch ein rundes Loch im Fußboden des Mittelgeschosses in das Untergeschoss hinablassen. Es gibt noch ein Schriftstück, mit dem sich ein Gefangener beklagt, dass er an seinen Gliedmaßen Erfrierungen erlitten habe, weil es so erbärmlich kalt im Bieketurm war. Diese Kälte nutzte man im 19. Jahrhundert, als man auf den Teichen der Umgebung Eisblöcke sägte und diese dann in das Untergeschoss des Bieketurms brachte. Dieses Eis behielt seine Konsistenz meistens bis zum Sommer des Jahres, um Metzger und Gastwirte mit Natureis zu versorgen.

1947 pachtete die Katholische Kirchengemeinde den Bieketurm von der Stadt und richtete für die Jugendarbeit im Mittel- und Obergeschoss ein Jugendheim ein. Hierzu wurde eine Außentreppe errichtet, um den Zugang zum Mittelgeschoss zu ermöglichen. Das Jugendheim existierte hier bis Dezember 1984; mit dem Jahre 1985 übernahm die Schützengesellschaft 1222 e.V. den Turm und richtete hier ein Zeughaus mit einem kleinen Schützenmuseum ein.

Am 21.04.2004 erwarb die Schützengesellschaft den Bieketurm von der Stadt zum symbolischen Kaufpreis von einem Euro. Unter der Federführung und der tatkräftigen Mithilfe der Königskompanie wurde der Turm bis 1993 zum Zeughaus und Museum der Attendorner Schützengesellschaft umgestaltet. Seitdem dient er u.a. der Unterbringung von Fahnen, Königsketten, Iserköppen, Panzern und Hellebarden, die alljährlich beim Schützenfest verwendet werden.

Architektur

Der aus dem 13. Jahrhundert stammende Bieketurm besteht aus drei Geschossen:

Das Mauerwerk besteht aus Grauwacke, das Kegeldach ist mit Schiefer gedeckt. Den fensterlosen Raum im Erdgeschoss des Bieketurms öffnet eine stadteinwärts liegende Tür. Der Raum im ersten Obergeschoss ist über eine Außentreppe erreichbar, die 1947/48 errichtet wurde. Die Tür liegt auf der Abschlusshöhe der einst ca. acht Meter hohen und mehr als einen Meter dicken Stadtmauer, die über einen Wehrgang verfügte.

Die Architektur des Bieketurms anhand des Schnittes © Stadtarchiv Attendorn

Das Mittelgeschoß besitzt ein Kuppelgewölbe. Die vier Fensternischen waren ursprünglich so ausgestattet, dass in der Mitte ein schmaler Gang war, durch den man zu den Fensteröffnungen gelangen konnte. Rechts und links des Ganges war eine hüfthohe Abmauerung, auf die man sich beim Schießen abstützen konnte. Diese historische Anordnung wurde jetzt durch die Anlage von Sicherheitsvitrinen wiederaufgenommen. Auch jetzt ist in der Mitte ein Gang; rechts und links davon befinden sich die Ausstellungsflächen, die der ursprünglichen, hüfthohen Abmauerung nachempfunden sind.

Gegenüber dem Eingang befindet sich der mittelalterliche Zugang zur Stadtmauer. Hier war um 1948 ein Kamin eingebaut worden, den man aber im Zuge der Renovierungsarbeiten wieder entfernt hat, um den ursprünglichen Zustand mittelalterlicher Wehrhaftigkeit zu demonstrieren. Ein in diesem Zugang plazierter Iserkopp soll zeigen, wie es ausgesehen haben mag, wenn ein gerüsteter Schütze von der Stadtmauer aus den Turm betrat.

Am 03.05.2002 konnte nach mehr als einjähriger Renovierungsdauer das untere Geschoß des Bieketurms eröffnet und der Nutzung durch die Schützengesellschaft übergeben werden. In diesem neu geschaffenen Raum können Mitgliedern und Besuchern in kleiner Runde die historischen Hintergründe des Bieketurms und der Attendorner Geschichte nähergebracht werden. Schmuckstück des Raums ist unter anderem die vom Attendorner Künstler Karl-Josef Hoffmann geschaffene Lampe aus Holz, die früher über der Theke in der Gaststätte Ritter ihren Platz hatte. Der Bieketurm ist nun vollständig durch die Schützengesellschaft und ihre Königskompanie renoviert.

In den Jahren 2019 und 2020 wurde der Bieketurm saniert. Das Gebäude wurde vom Efeu befreit und die Schieferdeckung instandgesetzt. Weiter wurde der Bieketurm in das Lichtkonzept der Innenstadt integriert und wird in der Nacht eindrucksvoll beleuchtet.

Möglich wurden die Sanierungsmaßnahmen durch Förderungen durch die Stadt Attendorn, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die NRW-Stiftung, sowie Mitteln des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen über die LEADER-Region BiggeLand. Aber auch zahlreiche private Spender und Schützenbrüder in Eigenleistung haben zum Gelingen beigetragen.

Bieketurm geöffnet

In jedem Jahr finden im Bieketurm Sonderveranstaltungen, z.B. Fotoausstellungen über aktuelle und vergangene Schützenfeste statt. Insbesondere den Grundschulen wird eine Dokumentation über die Geschichte der alten Hansestadt, der Schützen und des Bieketurms angeboten. Der Turm ist damit heute noch ein lebendiges Zeugnis der Geschichte. Er ist von Mai bis Oktober jeweils samstags von 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr geöffnet. Gruppen können den Turm nach Absprache besichtigen und an Führungen und an Vorträgen teilnehmen.

Weitere Informationen unter www.1222ev.de  

Alle Stationen des Stadtrundgangs auf einen Blick