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Wassertor


Attendorn besaß vier Stadttore, die durch eine umlaufende Stadtmauer miteinander verbunden waren. Das Wassertor ist das südliche Tor.  

Attendorn ist eine Engelbert-Stadt 

Als Erzbischof Engelbert I. von Köln 1222 Attendorn die Stadtrechte verlieh, erlaubte er gleichzeitig, die Stadt neu zu befestigen. Zahlreiche Engelbert-Städte im kurkölnischen Westfalen weisen einen identischen Bauplan auf, der sich im Attendorner Stadtgrundriss von heute seit 800 Jahren widerspiegelt.

Attendorn besaß vier Stadttore, die durch eine umlaufende Stadtmauer miteinander verbunden waren. Stadtauswärts war der Mauerring durch einen Wassergraben geschützt. Der aus diesem Graben ausgeschachtete Boden war zu einem Wall aufgeschichtet worden. Somit war die Stadt durch einen dreifachen Befestigungsring mit Wall, Graben und Mauer gesichert.

Die steinerne Stadtmauer war rund 8 Meter hoch und wurde außerdem mit zwölf Türmen verstärkt und von den vier Stadttoren unterbrochen: dem Ennester Tor im Norden, dem Kölner Tor im Westen, dem Niedersten Tor im Osten und dem Wassertor im Süden Die südliche Stadtmauer folgte dem Lauf der Bigge und des Mühlengrabens, von wo aus – ebenso wie von einem westlich verlaufenden Bach – das Wasser für den Graben entnommen wurde.

Die Instandhaltung der Befestigungsanlagen war besonders im Mittelalter von großer Bedeutung. An verschiedenen Stellen lässt sich erkennen, dass die Mauer verstärkt und erhöht wurde. Der Zugang zur Stadt konnte kontrolliert und reguliert werden, was zur Errichtung von Einrichtungen außerhalb der Mauern führte. So wurde 1317 vor dem Wassertor ein Hospital mit Kirche und Friedhof errichtet. 1420 folgte ein weiteres Hospital des Klosters Ewig, das ebenfalls zur Unterbringung fremder Kaufleute diente.

Als nach dem letzten großen Stadtbrand 1783 die mittelalterlichen Mauern keinen strategischen Schutz mehr boten, begann die Bürgerschaft, das Steinmaterial zum Wiederaufbau ihrer Häuser zu verwenden. Die Reste der einst stolzen Stadtbefestigung wurden 1812 abgetragen. Überreste sind heute nur noch Bieke- und Pulverturm sowie Fragmente des ehemaligen Kölner Tores.

Die historische Einteilung der Stadt in vier Bereiche – benannt nach den früheren Stadttoren – ist bis heute im Stadtbild erkennbar und verweist auf die ursprüngliche Struktur der mittelalterlichen Befestigung.

Entwicklung des Wassertores

Das Wassertor war im frühen 19. Jahrhundert Teil einer insgesamt baufälligen Stadtbefestigung. Bereits 1808 wurde berichtet, dass die Mauern zwischen dem Kölner Tor und dem Wassertor zwar noch brauchbar, die Gewölbe des Wassertores jedoch so marode waren, dass sie beim Durchfahren schwerer Wagen einstürzen konnten. Nach dem großen Stadtbrand von 1783 waren die Mauern bereits teilweise abgetragen worden, sodass eine umfassende Reparatur als unwirtschaftlich galt. Stattdessen wurde empfohlen, die Mauern teilweise abzutragen und die inneren Tore nur noch als Viehgitter zu nutzen.

1849 beseitigte Theodor Frey II beanstandete Mängel an den Brücken vor dem Wassertor und bat um Abnahme seiner Arbeiten. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Umgebung des Wassertores weiter modernisiert: 1894 wurden Straßenlaternen entlang des Weges bis zur Gerberei Josef Wilmes beantragt, und 1897 folgten Pläne zur Anlage öffentlicher Wege und Promenaden zwischen dem Wassertor und dem Kölner Tor.

Im 20. Jahrhundert wurde die Fläche rund um das Wassertor zunehmend für Freizeit und Sport genutzt. 1923 erfolgte die Überbrückung des Mühlengrabens an der Bleichewiese, wo 1962 ein Sportplatz und kurz darauf, 1967, das Hallenbad eröffnet wurden. Das Hallenbad wurde in den folgenden zwei Jahrzehnten bis 1988 mehrfach modernisiert und ist bis heute ein wichtiger Teil der städtischen Infrastruktur.

Bauweise, Hintergründe und archäologische Funde

In der frühen Geschichte Attendorns spielten zwei Straßen eine zentrale Rolle: die Kölner Straße und die Wasserstraße. Entlang dieser beiden Hauptachsen befanden sich die wichtigsten Gebäude der mittelalterlichen Stadt, sie bildeten das Rückgrat der städtischen Struktur. Besonders im Süden der Stadt nahm das Wassertor eine herausragende Bedeutung ein – es war nicht nur das größte, sondern auch das wichtigste der Attendorner Stadttore.

Das Wassertor diente als südlicher Haupteingang zur Stadt und war eine aufwendig gestaltete und repräsentative Anlage mit besonders aufwendigen Turm- und Vorbauten hatte. In der Zeit des späten Mittelalters bis zur frühen Neuzeit bestand es aus einem Haupttor sowie einer nach außen vorgelagerten Toranlage mit zwei Türmen und einem dazwischenliegenden Zwinger. Solche sogenannten Doppeltoranlagen waren Ausdruck städtischer Wehrhaftigkeit und Macht.

Die heutige Straßenbreite der Wasserstraße kurz vor der Innenstadt spiegelt noch immer die Dimensionen dieser historischen Toranlage wider. Nach dem Abbruch des Wassertores im 19. Jahrhundert wurde die Straßenpflasterung über dem Zwingerbereich neu angelegt – die unteren Mauerreste des Zwingers blieben jedoch im Boden erhalten und zeugen bis heute von der einst imposanten Bauweise. 

Bei Erdarbeiten im Jahr 2021 am Standort des ehemaligen Wassertores wurden archäologisch bedeutende Funde gemacht. Neben den bekannten Zwingermauern entdeckte man ein weiteres, schräg verlaufendes Mauerelement. Die Lage und Ausrichtung, sowie die tiefe Einbettung in den Lehm- und Schotterboden ließen darauf schließen, dass dieses mit Mörtel gefestigte Fundament deutlich älter als die spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Zwingertoranlage sein muss.

Vermutlich handelt es sich um einen Mauerrest aus der ersten Steinbauphase des Wassertores im 13. Jahrhundert. Aufgrund seiner Lage und Massivität wird angenommen, dass es sich um das Widerlager einer Zugbrücke über den früher vorgelagerten Wassergraben handeln könnte. Das Fundament konnte auf etwa acht Meter Länge und 1,5 Meter Breite freigelegt werden – an einer Stelle war es möglicherweise durch einen Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg beschädigt worden.

Die Stadttore heute:

Die historischen Stadttore von Attendorn leben nicht nur in der städtischen Struktur fort, sondern auch in der lokalen Tradition. Die vier Osterfeuervereine der Stadt benennen sich seit jeher nach den ehemaligen Toren und tragen die Bezeichnungen Ennester Pote, Niederste Poorte, Kölner Poorte und Waterpoote.

Um die Bedeutung dieser historischen Innenstadteingänge auch im heutigen Stadtbild wieder sichtbar zu machen, wurde Anfang 2016 ein öffentlicher Ideenwettbewerb ausgelobt. Das Ergebnis des Wettbewerbes sind die einheitlichen Gestaltungen der Eingangsbereiche mit den Corten-Stahl-Stelen.

Die Geschichte der Löwen Apotheke

Die Löwen Apotheke in Attendorn blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück, die eng mit der Stadt und ihrem historischen Wassertor verbunden ist. Der Beginn war ein kurfürstliches Privileg im Jahr 1792 zur Errichtung einer Apotheke in Attendorn – der Grundstein für eine jahrhundertelange Tradition.

Zwischen 1794 und 1809 entstand das noch heute bestehende Apothekenhaus direkt am Wassertor, das die Apotheke seither prägt. Ein bedeutender Schritt in der Geschichte der Apotheke war der Erwerb im Jahr 1883 durch Emil Albert Peiffer. 1909 übergab er die Leitung an seinen Sohn Emil Ernst Josef Peiffer, unter dessen Führung erstmals das heute bekannte Löwen-Logo als Zeichen der Apotheke auf geschäftlichen Belegen und Verpackungen auftauchte.

Ein einschneidendes Ereignis war der Luftangriff auf Attendorn im Jahr 1945, bei dem das Apothekenhaus fast vollständig zerstört wurde. Trotz der schweren Schäden wurde das Gebäude schnell wieder aufgebaut, und 1948 übernahm Emil Josef Peiffer die Leitung der Apotheke – ein Neubeginn nach den schweren Kriegsjahren.

Im Jahr 1972 erfolgte eine umfassende Renovierung der Apotheke in der Nachkriegszeit. 1983 wurde die Apotheke von Emil Erich Karl Peiffer geleitet, der den Familienbetrieb fortführte.

Seit 2017 wird die Löwen Apotheke von Lukas Peiffer in der nächsten Generation weitergeführt. Der Betrieb ist somit seit über 230 Jahren ein fester und bedeutender Bestandteil am Wassertor.

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